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Blog

Der Pragmatist Helmut Erler schreibt zu den Themen Unternehmerfamilie, Unternehmensethik und Logovision.

20 Februar

Digitalisierung – Fluch und Segen?

Der Kampf zwischen Gut und Böse ist noch nicht ausgefochten. Wird es ein Nutzen für Einzelne zum Schaden der Allgemeinheit?

Zunächst geht es um die Frage, was mit all den digitalisierten Informationen, die in Big Data gesammelt werden, geschieht. Aus vielen Quellen stammende Daten über jeden Einzelnen können in der Intensivmedizin unmittelbar zu den richtigen lebensrettenden Therapieentscheidungen führen. Dieselben Daten führen möglicherweise zur Ablehnung durch eine Krankenversicherung, weil ein überdurchschnittlicher Schadenssatz befürchtet wird. Die Entscheidung trifft kein Mensch, sondern ein Algorithmus in irgendeinem Computer irgendwo auf dieser Erde. Big Brother kann ohne große Mühen zur Überwachung der Bevölkerung gebraucht werden. Folge ist der Verlust jeglicher Privatsphäre.

Wandelt die Digitalisierung tatsächlich das humane Biotop in ein Technotopia, in welchem alles und jeder von Nullen und Einsen beherrscht und gesteuert wird. Technische Geräte gehen uns „in Fleisch und Blut“ über. Sogar Aufgaben der sozialen Interaktion werden von Robotern übernommen. Gefühllos werden Pflegeroboter sich um Menschen kümmern, und Kampfroboter werden die Böden der neuen Schlachtfelder mit Schmierölen tränken. Der Mensch abstrahiert sich in die Bedeutungslosigkeit und verkommt zum notwendigen Medium für die von ihm entwickelten Maschinen. Menschliche Aktivitäten werden nicht nur erweitert, verstärkt oder verbessert, sondern sie werden gänzlich neu bestimmt. Mit der Anwendung jedes technischen Geräts entstehen im Homo Sapiens Wahrnehmungsdefizite.

Menschen erfinden alle vorstellbaren, raffinierten technischen Spielereien. Was bleibt da von der menschlichen Freiheit übrig, der Grundvoraussetzung für die einzigartige, artbestimmende menschliche Würde? Es erscheint als kollektive Übung, sich sehenden Auges dieser fremdgesteuerten Veränderung zu ergeben. Wie dem schnöden Mammon wird der dynamischen Entwicklung durch die Digitalisierung kritiklos gefolgt. Keiner will sich dem Vorwurf der Technologiefeindlichkeit aussetzen. Dies würde einem ungebührlichen Vergangenheitsbezug gleichgesetzt. Wer möchte schon jemand sein, der im Gestern steckengeblieben, zu engstirnig für die herausfordernde Zukunft ist. Ist

das die Feigheit vor dem Feind (Digitalisierung)? Einem Tsunami gleich ist die Digitalisierungswelle nicht aufzuhalten. Sie hat schon vor Jahrzehnten begonnen und sich über Jahre von vielen unbemerkt in unser Leben geschlichen. Heutzutage stünde die Welt ohne Digitalisierung, Big Data und IoT still. Ohne sie würden wir in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen um Jahrzehnte, vielleicht sogar um ein Jahrhundert zurückversetzt. Pragmatismus ist angesagt! Die Entwicklungen müssen genauestens beobachtet und fehlerhafte Richtungsänderungen unmittelbar korrigiert werden. Einer der vielen großen Vorteile der Digitalisierung ist die globale Verfügbarkeit von Informationen. Wissenschaftler aller Disziplinen können Erkenntnisse austauschen, gemeinsam weiterentwickeln und Ergebnisse können fast überall zum Nutzen der Menschen zum Einsatz kommen.

Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Insbesondere einfache Arbeitsschritte und Serviceaufgaben können von Maschinen besser, schneller, genauer und vor allem viel billiger erledigt werden als von Menschen. Ein zahlreicher Aderlass an Arbeitsplätzen, insbesondere jener mit eher geringerer Qualifikation ist zu befürchten. Die Gesellschaft scheint auf die Freisetzung hunderttausender Arbeiterinnen und Arbeiter gänzlich unvorbereitet. Aus einem Busfahrer wird man nur im Ausnahmefall einen Social-Media-Spezialisten machen können. Die Komplexität wird noch gesteigert, verbindet man diese Phänomene mit dem Thema eines allgemeinen Grundeinkommens zur Sicherung des privaten Konsums als Konjunkturstütze.

Läuft der Mensch tatsächlich Gefahr, sein wichtigstes Gut, die menschliche Würde zu verlieren? Kann er die technischen Entwicklungen insofern beherrschen, dass sie nicht zu Lasten der individuellen Freiheit gehen, sondern diese möglicherweise noch erweitern? Eine kleine Gruppe von Menschen wird Kontrolle über die technische Welt ausüben, der Großteil wird jedoch zu ihren Sklaven verkommen. Keine schönen Aussichten, aber diese Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Fluch und Segen werden wir in Zukunft erfahren. Viele werden versuchen, zu den Gesegneten zu gehören. Nur Wenigen wird dies gelingen.